Kommunalpolitik im Rat Langenhagen

Die vorbereitete Aula im Schulzentrum machte den Eindruck, als warte sie auf nervöse Abiturient*innen, doch sie sollte uns Ratspolitiker*innen einen gewissen Ansteckungsschutz gewähren. Und der Ratsvorsitzende betonte den Ernst der Dinge, als er zur „letzten Ratssitzung“ begrüßte. Ich hoffe doch mal, dass es für keine*n von uns die letzte Ratssitzung wird.

Trotzdem waren nicht alle Ratspolitker*innen der Einladung gefolgt, was durchaus auch nachvollziehbar ist. Ich hatte im Vorfeld der Ratssitzung – ich gebe zu, relativ kurzfristig – einen offenen Brief an Rat und Verwaltung geschrieben. In diesem offenen Brief schwankte ich zwischen Ratssitzung ausfallen oder virtuell stattfinden lassen. Das eine wie das andere hat bekanntermaßen nicht stattgefunden, wir haben uns getroffen und es sollte in einer verkürzten Ratssitzung nur das Wichtigste schnell beschlossen werden.

Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Ratskolleginnen und -kollegen,

mit diesem offenen Brief, den ich auch auf meiner Website veröffentlichen werde, möchte ich an Sie appellieren, die Entscheidung des Verwaltungsausschusses von Montag, den 16.3.2020 noch einmal zu überdenken. Der VA hat beschlossen, die Ausschusssitzungen ausfallen zu lassen, die anstehende Ratssitzung in verkürzter Form jedoch stattfinden zu lassen. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass inzwischen viele Kommunen und Kreise beschlossen haben, auch die Rats- bzw. Kreistagssitzungen ausfallen zu lassen.

Ich schreibe Ihnen gewiss nichts Neues, wenn ich Sie darauf hinweise, dass sich die Krisensituation, ausgelöst durch SARS-CoV-2, täglich weiter zuspitzt. Dieses geschieht in einem Maße, das ggf. durch die Mitglieder des VA so vor vier Tagen nicht absehbar war. Wir sollten uns als Rat unserer Vorbildfunktion bewusst sein und den direkten Kontakt zu unseren Mitmenschen vermeiden, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu minimieren. Auch wenn die Raumsituation in der Aula des Schulzentrums den notwendigen Abstand sicherstellen kann, ist es doch noch sicherer, sich gar nicht zu treffen.

Mir ist bewusst, dass es einige Punkte gibt, die – rein rechtlich gesehen – durch die Mitglieder des Rates verabschiedet werden müssen. Ich möchte daher anregen, trotzdem darauf zu verzichten oder, sollte das überhaupt nicht möglich sein, diese Beschlüsse ausnahmsweise in einer Video- oder Telefonkonferenz bzw. im Mailumlauf zu fassen. Mit ist auch bewusst, dass die Geschäftsordnung des Rates der Stadt Langenhagen eine solche Beschlussfassung nicht vorsieht, aber wir befinden uns in einer Ausnahmesituation.

Ich möchte daher Herrn Bürgermeister Heuer bitten, gemeinsam mit den Fraktionsvorsitzenden der größeren Fraktionen diese Form der Beschlussfassung zu beraten und so zu ermöglichen, dass die Ratssitzung ausfällt oder wir an der kommenden Ratssitzung maximal „virtuell“ teilnehmen.

Lassen Sie mich zudem noch kurz auf den Antrag der BBL zur Aktuellen Stunde „Auswirkungen des Coronavirus auf Langenhagen: Welche Maßnahmen ergreifen Rat und Verwaltung?" eingehen. Ganz abgesehen davon, dass dieser Antrag der guten Absicht einer verkürzten Ratssitzung klar entgegensteht, halte ich eine Aussprache darüber auch nicht zielführend. Unsere Verwaltung hat in den letzten Tagen alles Notwendige auf den Weg gebracht. Die von mir vermutete Absicht der BBL jetzt mit dem Finger auf geargwöhnte Versäumnisse zu zeigen, bringt uns in der Sache keinen Millimeter weiter und verunsichert höchstens den einen oder die andere Bürger*in. Ich spreche hier der Verwaltung der Stadt Langenhagen mit all ihren Mitarbeiter*innen mein vollstes Vertrauen aus.

Mit freundlichen Grüßen

Felicitas Weck

Die gestrige Ratssitzung hatte ursprünglich mal ein ambitioniertes Programm. Auf der Tagesordnung stand die detaillierte Unterfütterung des generellen Klimabeschlusses, den wir im Januar beschlossen hatten. Da aber die dazu tagende interfraktionelle Klima-AG noch nicht ganz fertig ist, mussten diese Tagesordnungspunkte noch mal verschoben werden. Auch mein von der Presse schon lebhaft angekündigter Antrag zur Internetübertragung von Ratssitzungen hätte eigentlich nun abschließend beraten werden sollen. Offensichtlich aber gibt es bei irgendwem (?) noch Beratungsbedarf, so dass dieser Top im nichtöffentlichen Verwaltungsausschuss von der Tagesordnung des Rates genommen wurde. Ein Bürger, der wie andere und wahrscheinlich auch die Presse, auch wegen dieses angekündigten Hauptthemas zur Ratssitzung gekommen war, fragte in der Bürgerfragestunde nach dem Grund der plötzlichen Absetzung von der Tagesordnung – doch von den Antragstellern hieß es: „kein Kommentar“. So etwas ist bestimmt kein Beitrag zur mehr Transparenz und Bürger*innenfreundlichkeit von Ratssitzungen.

Die gestrige Sitzung am 27.01.2020 fand genau 75 Jahre nach Befreiung der noch Überlebenden des KZs Auschwitz-Birkenau durch die Rote Armee statt. In Ausschwitz wie in weiteren Vernichtungs- und sogenannten Arbeitslagern hatten die Nazis bis 1945 Millionen von Juden, Sinti und Roma sowie politischen Gefangenen umgebracht. Unmittelbar vor Beginn der Ratssitzung bat daher der Ratsvorsitzende Friedrich die Ratsvertreter*innen und die Gäste sich für eine Schweigeminute zu erheben.

Liebe Einwohnerinnen und Einwohner, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister!

Mir ist es wichtig hervorheben, dass es eben nicht politischer Alltag ist – auch nicht im Rat Langenhagen – wenn CDU, SPD, BBL, Grüne/Unabhängige und die LINKE einen gemeinsamen Antrag vorlegen. Da muss die Welt schon brennen – das tut sie auch, wie wir es erschreckenderweise, aber angesichts der menschengemachten Klimakatastrophe als unvermeidliche Folgen in Australien und im Amazonasurwald erleben müssen.

Als wir den gemeinsamen Antrag erstellt haben, gab es Diskussionen, ob es denn nun Klimanotstand oder wie jetzt im Antrag „Klima in Not – weltweit und in Langenhagen“ heißen soll und ob es nun 5 vor 12, 1 Minute vor 12 oder schon nach 12 in Sachen Klima ist.

  • Für die Menschen beispielsweise auf der Inselgruppe Tuvalu im Pazifik, die aufgrund der Klimaerwärmung und des dadurch steigenden Meeresspiegels demnächst ihren Lebensraum verlieren,
  • für die Menschen in Australien, die eine gewaltige Feuersbrunst erleben müssen mit bis heute schon über 30 Brandopfern sowie über 1 Mrd. toten Tieren
  • oder für die Menschen, die wegen Temperaturen über 60 Grad Celsius aus Zentralafrika fliehen, weil die Hitze ihren Lebensraum buchstäblich verwüstet

Für diese Menschen ist unsere Diskussionen in Langenhagen im besten Fall eine akademische Diskussion – weiter helfen gegen die Klimakatastrophe kann sie nicht. Da sind weltweit und überall – so auch in Langenhagen und bei jeder und jedem einzelnen - konsequente Schritte notwendig, wenn wir denn als Spezies Mensch in 50 Jahren noch existieren wollen – das sage ich insbesondere als 3-fache Oma, die sich für ihre  Enkel und die Nachfolgegenerationen auf der ganzen Welt nichts sehnlicher als eine lebenswerte und friedliche Zukunft wünscht. Und nein, Herr Balk (FDP), der Markt wird es nicht richten!

Daher sollten wir jetzt umgehend unsere gemeinsame Basis für eine Klimaposition in Langenhagen mit konkreten Vorschlägen unterfüttern. Nach meiner Zählung liegen bereits 37 Vorschläge für die Bereiche Verkehr, Wohnen und Grünflächen vor, davon 10 von uns LINKEN.  Ich habe die große Hoffnung, dass es uns gelingt, die meisten dieser Vorschläge wieder als möglichst breites politisches Bündnis einzubringen und zu verabschieden. Auf einem interfraktionellen Treffen haben wir da ja auch schon solidarisch zusammengearbeitet.

Praktische Klimapolitik vor Ort, das ist inzwischen in sehr vielen Kommunen das beherrschende Thema. Und das ist auch gut und wichtig so.  Es gibt am Mittwoch in Osnabrück dazu eine spannende Veranstaltung vom Klima-Bündnis, den Landesenergieagenturen aus Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sowie der Deutsche Bundesstiftung Umwelt. Vielleicht treffe ich da ja den einen oder die andere von Ihnen dort.  

Auf jeden Fall ist es wichtig, dass wir jetzt in die Pötte kommen. Damit wir auch hier in Langenhagen sobald wie möglich mit der Umsetzung weiterer konkreter Klimaschutzmaßnahmen beginnen können.

Nur ein sehr kurzer Exkurs, mehr lohnt nicht: Für die Leugner des menschengemachten Klimanotstandes – erfreulicherweise in diesem Rat eine verschwindende Minderheit - ist wahrscheinlich auch die Erde eine Scheibe und Eva stammt aus Adams Rippe.

Weitere Kommentare verkneife ich mir zu diesen obskuren Thesen, auch oder gerade deswegen, wenn sie mit pseudowissenschaftlichem Gestus vorgetragen werden.

Als LINKE möchte ich mit einem Zitat von 1880 von Friedrich Engels in „Dialektik und Natur“, abschließen, das in seiner Klarheit gerade heute im menschengemachten Klimanotstand besonders aktuell ist:

„Wir beherrschen die Natur nicht, sondern wir gehören ihr an. … Schmeicheln wir uns indes nicht so sehr mit unseren menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns. …Der Mensch ist ein Teil der Natur.“

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Hier finden sich kurz zusammengefasst meine Anträge zum Haushaltsentwurf der Stadt Langenhagen:

Antrag zur Finanzierung für Maßnahmen des Klimaschutzes (zurückgezogen, weil eine ähnliche Summer in einem mehrheitlich angenommen Antrag so beschlossen wurde.

Antrag zur Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes (abgelehnt, aber niedriger dann doch beschlossen)

Antrag zur Einführung einer Wettbürosteuer (abgelehnt)

Antrag zur Erhöhung der Vergnügungssteuer (angenommen und von der Verwaltung sehr zeitnah umgesetzt - Danke dafür!)

Antrag zur Reduzierung der monatliche Aufwandsentschädigung für Ratsmitglieder (abgelehnt - mit Empörung ;-) 

Antrag zur Änderungsliste 2 der Verwaltung (abgelehnt)

Liebe Zuschauer und Zuschauerinnen, sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender, sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Ratskolleginnen und Kollegen!

Gleich zu Beginn möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für ihre Arbeit für die Stadt Langenhagen und ihre Bürger*innen danken. Und insbesondere auch denen, die ihre Zeit und Kraft in den Haushaltsentwurf 2020 gesteckt haben. Sie haben uns in die Lage versetzt, den Haushalt zu verstehen, zu bewerten und die aus unserer Sicht notwendige Korrekturen einzufordern. 

Das verdient Dank und keine Existenzbedrohung, doch dazu später mehr.

Nachdem vor einiger Zeit diverse Klimaschutzanträge von den Fraktionen erarbeitet wurden, hat sich eine interfraktionelle Arbeitsgruppe gebildet und einen interfraktionellen Antrag dazu erarbeitet. Wie das so bei Kompromissvorschlägen ist, ist es nicht der ganz große Wurf und und Vertreter*innen die den Klimanotstand ausrufen wollten, konnten sich auch leider nicht durchsetzen, aber ein gemeinsamer Antrag ist allemal besser als gar keiner. Zudem folgen im nächsten Jahr div. konkrete Anträge, die das dann noch mal unterfüttern. Hier kann der Antrag im Infosystem der Stadt Langenhagen gelesen werden.

Rund 40 Feuerwehrfrauen- und männer sorgten bei der gestrigen Ratssitzung dafür, dass der Zuschauer*innenraum im Rathaussaal und im Vorraum gut gefüllt war, da es u.a. um das Raumordnungsprogramm des Feuerwehrgerätehauses für die Feuerwehren in Kaltenweide und Krähenwinkel ging.

Wegen einer wichtigen, unaufschiebbaren und sehr spannenden Dienstreise konnte ich leider an der letzten Ratssitzung am 04.11.2019 nicht persönlich teilnehmen. Leider? So ist mir zumindest der absolute Tiefpunkt der bisherigen Ratssitzungen entgangen, bei dem einige wenige dafür Verantwortung tragen, dass der gesamte Rat in der Öffentlichkeit als Ort der Streiterei, der Pöbelei gegen die Verwaltung, der verletzten Eitelkeiten und der unerträglichen Selbstdarstellung dargestellt wurde. Ich wiederhole es an dieser Stelle gerne noch mal, was ich auf der gestrigen Ratssitzung gesagt habe: „Der Großteil von uns Ratsmitgliedern arbeitet ernsthaft und zielgerichtet zum Wohle unserer Stadt und das wollen wir auch so beibehalten“, und wenn darauf so nicht in der „öffentlichen Berichterstattung“ hingewiesen wird, will ich es jetzt wenigstens hier tun.