Kommunalpolitik im Rat Langenhagen

So, da haben wir doch tatsächlich mal einen Antrag der AfD. … und sie gibt sich moderat, argumentiert mit unternehmerischen Verlusten und will den ÖPNV attraktiver machen. Aber sie muss noch üben einen Antrag zu erstellen, denn ich kann keinen Beschlusstext erkennen. Und wo kein Beschlussvorschlag steht, da kann auch nicht drüber abgestimmt werden.

 

Als ich den Antrag der AfD las, musste ich allerdings auch noch aus anderen Gründen grinsen, hier wird der rechte Populismus so was von auf die Spitze getrieben. Nur weil sich einige wenige – mehrheitlich alte weiße Männer - darüber beschwert haben, dass sie nicht schnellstens in Langenhagen von A nach B kommen, wird hier doch tatsächlich mal ein Antrag vom rechten Rand eingereicht.

 

Aber das passt ins Weltbild der AfD.

 

Im Namen des „deutschen Mannes“ – Frauen sind bei ihnen immer „mitgemeint“ - wird von der AfD im Bund, in den Ländern und den Kommunen gegen alles gepöbelt, was nicht in ihr skurriles Weltbild passt. Seien es Geflüchtete, die hier bei uns Schutz vor Krieg und der fortgeschrittenen Klimakatastrophe suchen, seien es Menschen mit diverser Orientierung, seien es die „Bösen Klimaterroristen“ und die Lügenpresse sowieso. Und auch wenn sich die AfD hier im Rat um moderate Töne bemüht, wer in einer Partei ist, die Menschen in ihrer Mitte duldet wie Björn Höcke, den man staatsanwaltlich bestätigt einen „Nazi“ nennen darf, der steht hinter diesem Weltbild.

 

Matthias Brodowy hat gestern auf der Veranstaltung der Mimuse nahezu wörtlich gesagt: Zwischen uns und denjenigen, für die die Erde eine Scheibe ist und die alles bekämpfen, was nicht in ihr beschränktes Weltbild passt, ist tiefes Wasser, das mensch nicht durchschreiten kann und soll. Auch wir hier im Rat sollten uns an diesen Appell halten. Leisten wir gemeinsam Widerstand gegen reaktionäres, teilweise rassistisches und faschistisches Gedankengut. Wehret den Anfängen, auch wenn sie im moderaten Gewand auftreten.

 

Und jetzt sind hier in Langenhagen die Radfahrer*innen in das Visier der AfD geraten, die endlich einen gewissen Schutz auf der Karl-Kellner-Straße genießen können. Ist ja auch schon blöd, dass man mit seinem SUV die Karl-Kellner-Straße nicht mehr durchfahren darf und frecherweise auch noch kontrolliert wird.

 

Wer sind schon Fahrradfahrer*innen im braunen Weltbild? Nach unten gehört getreten – so einfach ist das in dieser Partei.

 

Den zurückgezogenen Änderungsantrag der Liberalen GRUPPE fand ich amüsant, und würde auch liebend gern dabei zusehen, wie besagte SUVs an den Elisabeth-Arkaden vorbeigeschoben werden. Das wäre ein Grund für einen Klappstuhl mit Häppchen in einer Parkbucht – Eingeweihte wissen, wovon ich rede.

 

Und zum Abschluss jetzt noch ein kleiner sachlicher Beitrag zur Karl-Kellner-Straße an die Verwaltung. Die meisten von Ihnen kennen die Edenstraße in Hannover, die wie die Karl-Kellner-Straße eine Fahrradstraße ist. Die Edenstraße ist vor einiger Zeit durchgängig als Vorfahrtstraße ausgewiesen worden, was zu einer erhöhten Sicherheit für die Radfahrer*innen geführt hat. So was müsste sich doch auf der Karl-Kellner Str. ohne all zu großen Aufwand auch schnell regeln lassen.

Für Kinder, die von ihren Erziehungsberechtigten geprügelt oder eingesperrt werden oder sogar noch viel Schlimmeres erleiden müssen, sieht das kommunale Jugendrecht als letztes Mittel die „Inobhutnahme“ vor. Mit dieser Maßnahme können die betroffenen Kinder in Gastfamilien oder in sozialen Einrichtungen sicher untergebracht und angemessen betreut werden. Doch solche Betreuungsplätze sind rar gesät und die Anmietung bei freien Träger*innen ist nicht billig. Rund 93.000 € an nicht vom Land oder Region zu erstattenden Kosten kämen bis Ende 2024 auf die Stadt zu. Trotz der angespannten Finanzlage beschloss der Rat einstimmig, zunächst zwei Plätze bei freien Trägern der Wohlfahrtspflege zu buchen.

 

Ich möchte an dieser Stelle insbesondere den Ratsvertreter Dr. Mommsen von der Liberalen GRUPPE hervorheben, der ansonsten bei fast allen Projekten finanzielle Vorbehalte anmeldet, sich aber hier besonders für den Kinder- und Jugendschutz stark machte, auch über 2024 hinaus. Und das ist noch nicht alles zu diesem wichtigen Bereich. Im Jugendhilfeausschuss der Stadt wurden zudem einvernehmlich zusammen mit der Verwaltung weitergehende Projekte vereinbart. Diese konstruktive Zusammenarbeit, die längst nicht in allen Ausschüssen und im Rat gängige Praxis ist, ist laut verschiedener Redebeiträge in der Diskussion vor allem der Ausschussvorsitzenden Susanne Wöbbekind (SPD) geschuldet, der stellvertretenden Ortsbürgermeisterin von Krähenwinkel. Sie war als Zuhörerin auf der Ratssitzung anwesend und nahm dieses Lob bestimmt gerne entgegen. Für die Verwaltung stellte Sozialdezernentin Eva Bender die Idee vor, zusammen mit anderen Regionskommunen eine kommunale Einrichtung für notwendige Inobhutnahmen zu schaffen. Langenhagen will hier an vorderster Stelle aktiv werden.

 

Leichte Unstimmigkeiten gab es bei der Aufstockung der Mittel für die Jugendbetreuung im Haus der Jugend durch die Johanniter. Sowohl Bündnis 90/Grüne als auch die Liberale GRUPPE hatten wegen des anstehenden Haushaltsicherungskonzeptes mal wieder Bedenken, schon auf dieser Sitzung dem durch generelle Mehrkosten (Energie, Materialien, Tarifauswirkungen) notwendigen erhöhten Zuschuss für den Weiterbetrieb des Hauses der Jugend zuzustimmen. Marco Brunotte (SPD) wies eindringlich darauf hin, dass das Haus der Jugend schon in diesem Jahr einzelne Maßnahmen einschränken musste, weil die für 2023 bewilligten Mittel nicht ausreichten. Mit deutlicher Mehrheit wurden abschließend die Finanzmittel für das Haus der Jugend wie ursprünglich beantragt beschlossen.

 

Die schon viele Monate und noch länger andauernden Bauarbeiten in der Walsroder Straße nerven die Anwohner*innen und die betroffenen Geschäfte und das ist auch nachvollziehbar, aber nicht zu ändern. Die AfD kam nun auf die Idee, ausgerechnet die Fahrradstraße Karl-Kellner-Str., die auch gleichzeitig zum Schutz der Radfahrenden vor einiger Zeit Anliegerstraße geworden ist, während der Bauzeit für den normalen Verkehr wieder freizugeben. Die Radfahrenden sollten dann eben ihr Gefährt durch die Baustelle schieben. Aus meiner Sicht platte Polemik und in einem sehr engagierten Beitrag, der zuweilen auch die Geduld des Ratsvorsitzenden Frank Stuckmann (SPD) strapazierte, habe ich diesen AfD-Antrag, der formal betrachtet eigentlich gar kein Antrag war, sondern lediglich aus einer Überschrift und ihrer Begründung bestand, entsprechend eingeordnet. Auf Bundes- und Landesebene gegen Geflüchtete, gegen divers orientierte Menschen oder Klimaktivist*innen, so ist der AfD nun in Langenhagen auch die Fahrradstraße ein Dorn im Auge. Mann (!) könne dann ja mit einem aufgemotzten SUV nicht mehr durch die Karl-Kellner-Straße rasen, so meine gezielte Polemik. Der AfD-Antrag aus Langenhagen reihe sich ein in den unerträglichen Populismus dieser Partei im gesamten Bundesgebiet. Starker Tobak – aber notwendig.

 

Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Hülsmann und Marion Hasenkamp von der Liberalen GRUPPE beurteilten den AfD-Antrag übereinstimmend als blanken Populismus. Leider hatte die Liberale GRUPPE einen amüsanten Alternativantrag, der u.a. ein Schieben der PKW durch die Baustelle auf der Walsroder Str. vorsah, kurz vor der Sitzung zurückgezogen. Er war der gesamten Liberalen GRUPPE wohl doch zu PARTEI-förmig – nicht wahr, Marion?

 

Ratsvertreter Eilers (WAL) stimmte inhaltlich „im Interesse der Anwohner und Geschäftsleute“ dem AfD-Antrag zu. Dann meldete sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Köhler zu Wort. Eigentlich hatte ich von ihm auch eine klare Stellungnahme gegen den AfD-Populismus erwartet. Doch es kam anders. Er griff mich wegen meines „SUV-Populismus“ an – da habe ich wohl direkt ins Schwarze getroffen – und zeigte Verständnis für eine zeitweilige Umleitung des Kfz-Verkehrs durch die Karl-Kellner Str., wie es die AfD beantragt hatte. AfD-Vertreter Alenberg kommentierte meinen Redebeitrag – nicht gerade originell - mit den vier Begriffen „Linke – PDS – SED – Mauerschützen“. Auch das gab einen Rüffel vom Ratsvorsitzenden.

 

Als dann aber abschließend der AfD-Antrag abgestimmt wurde, haben die (un-)heimlichen inhaltlichen Unterstützer wohl doch noch späte Einsicht oder kalte Füße bekommen. Nur die drei AfD-Ratsvertreter stimmten für den Antrag. Fairerweise schlug der Ratsvorsitzende Stuckmann vor, die Überschrift doch als Beschlusstext gelten zu lassen, damit überhaupt über etwas abgestimmt werden konnte.

Für mich war es diesmal eine Ratssitzung der anderen Art. Genau 1362 km Luftlinie von Langenhagen entfernt, bin ich wieder beim Jazz-Workshop in Sardinien, wie auch die letzten zwei Jahre zuvor im September. Das WLAN dort ist kaum vorhanden, so dass ich die Ratssitzung auch nicht über den Live-Stream verfolgen konnte, sondern auf zwei andere liebe linke Ohren und Wahrnehmungen angewiesen war. Danke dafür!

 

Obwohl die ursprüngliche Tagesordnung 37 Punkte umfasste, konnte durch Wegfall einiger Punkte, einer stringenten Sitzungsleitung von Frank Stuckmann (SPD) sowie der Zusammenfassung von diversen Besetzungsverfahren die Ratssitzung in knapp 2 Stunden durchgeführt werden.

 

Schon im Zuschauer*innenraum ließ sich auf den ersten Blick erkennen, worum es diesmal – wieder – gehen sollte: Eine deutlich bessere Perspektive für Schüler*innen und Lehrer*innen der IGS im Stadtzentrum. Etliche IGS-Fahnen waren dort zu sehen und in der Einwohner*innenfragestunde wurde für eine bessere IGS-Situation in der Zukunft geworben.

 

Von der Verwaltung gab es mehrere mögliche Aus- und Umbauvarianten zur Auswahl für den Rat. Schon vor ein paar Monaten hatten sich ehemalige Lehrer*innen der IGS in einem offenen Brief für eine umfassende Sanierung und einen Teilneubau der IGS ausgesprochen. Dies entspricht der Variante A 1a, die mit derzeit etwas über 173 Mio. € eine erhebliche finanzielle Belastung für die Stadt darstellt. Anja Sander von der SPD unterstützte diese teure, aber notwendige Investition. Ebenso der CDU-Fraktionsvorsitzende Hülsmann, der zudem darauf verwies, dass diese Investitionen auch wegen der jahrzehntelangen Untätigkeit im Investitionsbereich der Schulen insgesamt notwendig geworden seien, sie aber im Sinne der Bildung und der Betroffenen unerlässlich sind. Da hat er eindeutig Recht.

 

Und wäre ich anwesend gewesen, dann hätte ich auch dafür gestimmt.

 

Für Bündnis 90/Die Grünen schloss sich Wilhelm Zabel dem Votum für A1a an, mahnte aber, es sollten keine „überzogenen Baustandards wie beim Gymnasium-Neubau“ umgesetzt werden, was die Kosten weiter erhöhen würde. Er befürwortete auch einen Plan B für den Fall, dass wegen des kommenden Haushaltsicherungskonzeptes entsprechende Mittel fehlen würden.

 

Eine inhaltliche Verrenkung gelang dann der Liberalen GRUPPE mit ihrem Fraktionsvorsitzenden Röttgen. Sie hatten einen Alternativantrag eingebracht, der die Baukosten deutlich begrenzen und vor einem Baubeginn noch etliche Fragen klären wollte. Röttgen nahezu wörtlich: Die Liberale Gruppe plädiert inhaltlich für Nein bei der Variante A1a, wird aber trotzdem zustimmen. Darüber muss ich mich so aus der Ferne doch wundern. Wasch mich, aber mach mich nicht nass??

 

In der abschließenden Abstimmung wurde der Antrag der Liberalen GRUPPE deutlich abgelehnt, die Variante A1a erhielt eine komfortable Mehrheit. Jetzt muss sie zügig umgesetzt werden.

 

Der Fachkräftemangel in den kommunalen Kindertagesstätten sowie bei den freien Träger*innen ist unübersehbar und führt auch dazu, dass die KiTa-Zeiten immer mehr eingegrenzt werden müssen. In seltener parteiübergreifender Allianz hat der Rat einen Konzeptvorschlag der Verwaltung zur Verbesserung der Situation noch optimiert, der jetzt umgesetzt werden soll. Der Rat tritt dabei in Vorleistung für notwendige finanzielle Maßnahmen seitens des Landes, die nur zögerlich, wenn überhaupt, vor Ort ankommen.

 

Und dann war da noch die Diskussion um das Haushaltsicherungskonzept (HSK), das zwar noch nicht bekannt ist und nicht auf der Tagesordnung stand, aus dem aber insbesondere die Liberale GRUPPE als auch Bündnis 90/Die Grünen ableiten, dass “freiwillige” Leistungen von der Stadt zukünftig gar nicht mehr oder nur stark reduziert erbracht werden könnten. Das entzündete sich zum einen bei einem Antrag der DLRG Krähenwinkel über rd. 35.000 € für einen Mannschaftstransportwagen, der angesichts der zunehmenden Starkregenfälle in Langenhagen, aber auch im sonstigen Umland für Rettungsmaßnahmen notwendig wird. Offensichtlich ganz Kirchturmpolitiker und mit dem HSK argumentierend sah Wilhelm Zabel für Langenhagen für einen solchen Wagen keine Notwendigkeit.

Da musste der „Herr Zabel“ - so Elke Zach (SPD) - von seiner Lebensgefährtin belehrt werden, dass bei der zunehmenden Klimasituation auch Solidarität über Ortsgrenzen hinaus erforderlich ist. Die unerfreuliche Spitze bei der HSK-Argumentation kam vom Ratsvertreter Eilers (WAL), der einen beantragten Zuschuss für das „Ophelia Beratungszentrum für Frauen und Mädchen mit Gewalterfahrung e.V.“ für drei Jahre über jeweils 43.000 € zunächst nur auf 1 Jahr beschränken wollte. Das sei eine freiwillige Leistung, die vom HSK nicht zulässig sei. Gegen seine Stimme wurde der Ophelia-Antrag erfreulicher Weise von den anderen Parteien mitgetragen.

 

Was mir bei der Diskussion um das HSK immer wieder aufstößt: Von verschiedenen Seiten wird argumentiert, dass das HSK grundsätzlich freiwillige Leistungen untersagt. Das ist nicht nur nicht richtig, sondern auch ziemlicher Quark! Die Haushaltslage kann beispielsweise auch dadurch verbessert werden, dass an der Einnahmeseite gearbeitet wird. Dazu kam in der gestrigen Diskussion seltsamerweise kein einziger Beitrag. Denkbar sind höhere Gewerbesteuern (hier liegt Langenhagen derzeit im unteren Drittel bei den Regionskommunen), höhere Besteuerung von Wettbüros oder auch eine Bettensteuer, wie sie in der Landeshauptstadt schon eingeführt wurde. So was könnte auch in Langenhagen die finanzielle Situation entschärfen. Wenn wir in den nächsten Monaten im Rat den Haushalt 2024/2025 im Zusammenhang mit dem HSK diskutieren, müssen solche Vorschläge wieder auf den Tisch, die wir als LINKE in den Vorjahren schon eingebracht hatten. Es wird mit Sicherheit eine spannende Finanzdiskussion in der nächsten Zeit geben.

Die Ratssitzung fiel terminlich gleichzeitig auf unsere Reise durch Schottland, die ich sehr genieße. Ich habe gestern Abend versucht, online die Ratssitzung zu verfolgen, doch das Netz wollte nicht mitspielen.

 

Anbei sinnierend eine kleine Anmerkung zum TOP „Fortsetzung des Klimaschutz-Aktionsprogramms“. Das 2010 beschlossene Programm wurde von der Verwaltung ambitioniert überarbeitet vorgelegt und - da musste ich mir schon verwundert die Augen reiben - im Umweltausschuss von der dort anwesenden Mehrheit dergestalt verwässert, indem die Formulierung “der Rat beschließt”  geändert wurde in “der Rat berücksichtigt”. Wie gut, dass das von der Mehrheit des Rates gestern Abend so nicht gesehen wurde, wie mir heute ein Anruf bei einem Ratsmitglied bestätigte.

 

Gleichwohl besteht noch weiterer deutlicher Handlungsbedarf beispielsweise bei der Kontrolle der Schottergärten und der Umsetzung von Solar auf allen öffentlichen Gebäuden - auch bei der Wasserwelt!  

 

Und auch wenn wir keinen direkten Einfluss auf den Flughafen haben, so sollten wir doch auf die Anteilseigner (Mehrheitsgesellschafter des Flughafens sind die Landesregierung sowie die Landeshauptstadt: SPD und Grüne) nehmen. Bisher hat sich die Ratsmehrheit leider nicht getraut, diese Thematik anzufassen.  Aber gerade mit wirksamen Maßnahmen am Flughafen - Stichworte wie Nachtflugverbot oder keine Privat- und Charterflieger mehr - ließen sich die Klimaziele für die Stadt wesentlich besser erreichen. Amsterdam hat dieses Verbot gerade in die Praxis umgesetzt und der Rat der Stadt Düsseldorf hat einem entsprechenden Antrag der Linken gerade mehrheitlich zugestimmt.

 

Hier in Schottland haben wir an Steinkreisen die Geschichte der Menschheit vor über 6000 Jahren bestaunen können. Es wäre mehr als katastrophal, wenn durch eine unverantwortliche und egoistische “Antiklimapolitik” das Ende der Menschheit beschleunigt wird.

Mit nicht mal anderthalb Stunden war das für mich eine der kürzeren Ratssitzungen. Das lag sicherlich auch daran, dass etliche Punkte noch von der ursprünglichen Tagesordnung genommen wurden. Insbesondere der TOP „Blaumenhof-Kids“, wo sich Rat und Verwaltung seit längerem um den Ausbau dieser privaten KiTa herumstreiten müssen, hätte sicherlich viel Zeit eingenommen. Doch eine Stellungnahme der Kommunalaufsicht liegt noch nicht vor, so dass die Thematik erneut verschoben wurde. Sie machte sich aber im Laufe der Ratssitzung doch noch mal breit, da Ratsmitglied Eilers seinen Debattenbeitrag um Mehrkosten beim Gymi nutzte, um aufgrund eines am Sitzungstag erschienenen haz-Artikels über die Einleitung einer staatsanwaltlichen Überprüfung in Sachen Kita „Blaumenhof-Kids“ gegen den Bürgermeister herzuziehen. Das konnte Bürgermeister Heuer so nicht stehen lassen. Er nahm kurz Stellung, dass es im Laufe der Zeit etliche Anzeigen gegen ihn wegen angeblicher Veruntreuung und weiterer Gesetzesverstöße gegeben habe. Alle diese Anzeigen seien eingestellt worden, so werde es wohl auch mit diesem neuen Vorwurf in Sachen Blaumenhof-KiTa laufen. Da sei er völlig entspannt. Alle genannten Anzeigen stammten übrigens ausnahmslos von Ratsherrn Dr. Mommsen. Dieser wurde zudem im Laufe der Ratssitzung vom Ratsvorsitzenden Stuckmann ermahnt, sich mit beleidigenden Ausdrücken gegen den Bürgermeister zurückzuhalten, ansonsten würde ein Ordnungsruf fällig. Manchmal komme ich so ins Grübeln, was das „Pöbel-Duo“ so antreibt. ...hat es persönliche Verletzungen gegeben? …liegt es in der Persönlichkeitsstruktur? ...einem seltsamen Verständnis von Ratsarbeit? …oder hoffen sie auf diese Art, den einen oder die andere Wähler*in zu beeindrucken? Aber rumpsychologisieren hilft ja auch nicht weiter. Ich befürchte, das müssen wir weiter ertragen.

 

Aber zurück zur Ratssitzung. Zunächst präsentierte die Gleichstellungsbeauftragte Christiane Hartmann einen 15-minütigen Überblick ihrer Arbeit, die sie im Team zusammen mit ihrer Kollegin Sabrina Krinitzky leistet. Gemeinsame Aktionen und Veranstaltungen mit ihren Kolleginnen in der Region, mit Ophelia, dem Frauennetzwerk, Geflüchteten und queeren Menschen – ein breites Repertoire, das von der Ratsversammlung mit ungeteiltem Beifall begrüßt wurde.

 

Dann wurde auch der letzte Akt um einen möglichen Stopp des Rathausanbaus eingeläutet. Seit Mitte letzten Jahres standen regelmäßig auf den Ratstagesordnungen ein Antrag der AfD zum sofortigen Baustopp sowie ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen für eine Aussetzung der Baumaßnahmen, solange die Finanzierung aller Investitionsvorhaben nicht geklärt sei. Die AfD zog ihren Antrag kommentarlos zurück. Wilhelm Zabel für die Grünen erinnerte, dass im Juli 2022 der Grüne Antrag auf Dringlichkeit von einer großen Ratsmehrheit abgelehnt worden war (ich habe übrigens damals für die Dringlichkeit gestimmt, auch wenn ich aus diversen Gründen - hohe externe Mieten, Platznot, schon geleistete Planungskosten - für den Rathausanbau war und bin). Vor einem Jahr, so Zabel, hätten die Bauarbeiten noch nicht begonnen – aber jetzt, ein Jahr später mitten in den Bauarbeiten, wäre ein Baustopp unverantwortlich. Er ziehe daher den Antrag jetzt zurück. Eine konsequente Haltung, ebenso wie sein Appell an den Rat, dass Anträgen auf Dringlichkeit, wenn die Dringlichkeit offensichtlich ist, vom Rat grundsätzlich zugestimmt werden sollte. Das wäre in keinem Fall eine Zustimmung zum Antragsinhalt; eine Ablehnung der Dringlichkeit verhindere aber damit eine notwendige Diskussion im Rat. Ähnliche Erfahrungen in Sachen Dringlichkeit hatte ich auch mit unseren Linken Anträgen gemacht, beispielsweise gegen die Geschlechterdiskriminierung („Nikolaus-Schießen“) in Krähenwinkel, dessen Dringlichkeit von der Ratsmehrheit nicht gesehen wurde, aber letztendlich mit positivem Ergebnis in der letzten Ratssitzung sowie in der Krähenwinkler Realität abgeschlossen werden konnte.

 

Fast keine Ratssitzung ohne die unangenehmen Angriffe des Duos Eilers/Mommsen, die sich mit ihrer feindseligen Antipathie gegen Bürgermeister Heuer gegenseitig zu übertrumpfen versuchen. Diesmal hatten sie sich die Mehrkosten für den Neubau des Gymnasiums als Thema ausgesucht. Ratsvertreter Eilers monierte, dass die 7,5 Mio. € Mehrkosten vom Rat vorher hätten genehmigt werden müssen und Dr. Mommsen hielt Bürgermeister und Rat vor, sich außerhalb des Gesetzes zu bewegen, wenn Mehrausgaben freigegeben würden, ohne dass der Rat zuvor darüber abgestimmt habe. Baudezernentin Gifhorn verwies darauf, dass sie im Fachausschuss sowie im Projektbeirat bereits über die drohenden Mehrkosten informiert habe, räumte ein, dass der formelle Beschluss jetzt ziemlich spät komme – aber ein Abwarten bis zu dieser Ratssitzung hätte weitere noch undefinierbare Mehrkosten bedeutet. Das kann ja in niemandes Interesse sein.

 

Noch ein Schlusssatz in eigener Sache. An der Ratssitzung am 4. Juli kann ich nicht teilnehmen, da wir dann mit unserem Wohnmobil-Oldie das schöne und wilde Schottland erkunden. Wenn es das schottische WiFi gut mit mir meint, werde ich von dort die Ratssitzung verfolgen und in einem weiteren Ratssplitter kommentieren. Aber versprechen werde ich das nicht ;-)

 

Zur Antragsbegründung ist es üblich, kurz darauf einzugehen, worüber wir uns hier unterhalten – es ist die Medien rauf und runtergegangen, dass im Ortsrat Bräuche herrschten, die vielleicht 1944 (Anmerkung: Ich gebe zu, 1944 hinkt etwas im Vergleich und 1950 hätte es auch getan...) noch ok waren – aber nicht 2022. … und der Ortsrat Krähenwinkel hat's ja auch letztlich begriffen und den frauenfeindlichen Stein des Anstoßes zur Seite gerollt. Fertig – erledigt?

 

Als ich diesen Antrag als „dringlich“ eingebracht habe, habe ich schon prophezeit, wir würden es so noch in die heute-show oder zu Böhmermann schaffen. Das ist nicht passiert, aber in der Lüttjen Lage der haz konnten wir Mitte Dezember nachlesen, dass es guten Gründe gibt, über Krähenwinkel und damit über Langenhagen zu lachen.

 

Es hätte alles gut sein können, wenn gleich und sofort die mehrheitlich herrschenden Kräfte vor Scham rote Bäckchen bekommen hätten, sich entschuldigt hätten und verstanden hätten, worum es ging. Das sind viele „hätte“ und das zeigt, dass es eben nicht so einfach ging. Erstmal sollte drauf bestanden werden, dass das alles so seine Richtigkeit hat, die Frauen hätten ja ihr Adventsschießen und gut ist. Dann wurde auch argumentiert, dass „wüssten ja alle“ - aber ist eine korrekte Rechtfertigung? Ich glaube, NEIN! Und ja, viele wussten davon, aber bitte sehr doch nicht ALLE. Zum Beispiel ich habe gelernt, dass die Initiative von Frau Spier und anderen Frauen ausging, dazu eine Gegenveranstaltung – das Ladies-Adventsschießen – ins Leben zu rufen. Aber wer nun glaubt, dass würde das männlich dominante Krähenwinkler Nikolausschießen legitimieren, der irrt. Es ist überhaupt nicht vergleichbar, da es sich bei den Ladies um eine private Veranstaltung handelte, die von Sponsor*innen finanziert wurde und nicht aus öffentlichen Mitteln. … und genau deshalb ist es auch noch mal wichtig, dass wir hier im Rat Langenhagen darüber reden. Schließlich wurden dort von den Herren Gelder der Stadt Langenhagen, also Gelder der Bürgerinnen und Bürger im wahrsten Sinne des Wortes „verballert“. ...und da bleibt es dann eben in der Verantwortung des Rates, da einen Riegel vorzuschieben.

 

Denn wir befinden uns hier nicht ganz privat in der Kneipe oder in einer Alte-weiße-Männer-Selbsthilfegruppe. Wir sprechen hier über eine Veranstaltung eines Gremiums der Stadt Langenhagen, der einen Teil von Langenhagen, nämlich den Ortsteil Krähenwinkel vertritt und repräsentiert. … und der mit dieser Ausgrenzung gegen den Artikel 3 des Grundgesetzes verstößt.

 

Der Rückzug auf Brauchtum und Tradition kann und darf keine Legitimation für Diskriminierung sein, sondern auch Brauchtum und Traditionen müssen immer wieder hinterfragt und neu ausgerichtet werden. Plakative Beispiele sind da die Bruchmeister aus Hannover, die derweil auch Frauen in ihren Reihen aufnehmen, die Bremer „Eiswette“ und das Osnabrücker Grünkohlessen, zu dem endlich auch Frauen eingeladen werden. Es wurde Zeit, dass auch der Ortsrat Krähenwinkel in seiner Mehrheit die Zeichen der Zeit erkannt hat.

 

Da der Ortsrat diesem Antrag schon in Teilen gefolgt ist, stelle ich einen Änderungsantrag zu meinem Antrag, nur den ersten Satz zu verabschieden, der da heißt, "Für den Rat der Stadt Langenhagen ist die Gleichstellung der Geschlechter unverhandelbar."

 

und ich hoffe jetzt mal, dass nicht in anderen Ortsräten noch solche Sitten und Gebräuche versteckt sind, von denen zumindest ich nix weiß.

Die Tagesordnung der gestrigen Ratssitzung versprach eigentlich eine relativ kurze Sitzung, aber nur eigentlich. Bei einigen Punkten ging es zum Teil hochemotional und oft auch langwierig zu. Trotzdem konnten wir kurz nach 20 Uhr die Sitzung beenden.

 

Im Gegensatz zu den vorherigen Ratssitzungen, in der viele Mitglieder der Feuerwehr in der Einwohner*innenfragestunde sich für den zügigen Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Kaltenweide einsetzten sowie Lehrer*innen und Schüler*innen der IGS im Stadtzentrum endlich den Beginn der Neubauarbeiten an ihrer Schule einforderten, fiel diesmal die Fragestunde mangels Beteiligung aus. Im Zuhörer*innenraum saß aber die Rektorin der Adolf-Reichwein-Schule, Frau Zettelmann und wartete gespannt auf die Reaktion des Rates zu einem unkonventionellen, aber für alle Beteiligten positiven Plan zum Schulbetrieb während der dortigen Sanierungsarbeiten.

 

Und so beschloss der Rat einstimmig, den TOP „Adolf-Reichwein-Schule“ nach vorne zu ziehen. Den Aufschlag machte für die SPD eine Vertreterin im Bildungs- und Kulturausschuss Anja Sander. Sie war von der Rektorin angesprochen worden, dass der ständige Baulärm und der gleichzeitige Schulunterricht eine unerträgliche Belastung für die Schüler*innen und die Lehrkräfte darstellen. Zusammen mit der neuen Baudezernentin Gifhorn wurde daher kurzfristig abgesprochen, dass der Schulbetrieb vorübergehend für ein Jahr in die zur Zeit nicht genutzten Schulcontainer in das Schulzentrum verlagert werden solle. Darüber werde der Rat jetzt entscheiden. Eine kluge Idee und ein besonderes Lob an die Baudezernentin – dann wäre dieser Punkt im Rat mit Beschluss kurz und erfolgreich abgearbeitet worden. Doch aus allen Fraktionen und Gruppierungen fühlten sich deren Bildungspolitiker*innen bemüßigt, langatmig darzustellen, wie gut doch der Beschluss sei und wie sie persönlich zu diesem Beschluss ihren eigenen Beitrag geleistet hätten. Nach dem Motto „Es ist alles schon gesagt, nur noch nicht von mir“ folgte ein Eigenlob nach dem nächsten. Nur Ratsherr Eilers legte noch eine Schippe drauf und griff die Stadtverwaltung wegen angeblicher Untätigkeit/Unfähigkeit an, aber das sind wir ja von ihm gewöhnt. Doch Ende gut, alles gut: Einstimmig beschloss der Rat den vorübergehenden Umzug der Adolf-Reichwein-Schule in die Container am Schulzentrum, der somit kurzfristig erfolgen kann. Und weil es sonst keine*r macht, übernimmt die Stadt Langenhagen auch den Schülertransport dort hin.

 

Ja, und dann stand mein Antrag zur Geschlechtergleichstellung wieder auf der Tagesordnung, den ich in die Ratssitzung im Dezember 2022 eingebracht hatte. Er war immer wieder verschoben worden, weil auf eine Reaktion des Ortsrates Krähenwinkel gewartet wurde. Zur Erinnerung: Beim Nikolausschießen in Krähenwinkel hatte Ortsbürgermeister Hunger (CDU) seiner Stellvertreterin Susanne Wöbbekind (SPD) den Zutritt untersagt, mit Bezug auf eine vermeintlich gültige Regelung, die Frauen explizit die Teilnahme an dieser Veranstaltung untersagt – und das im Jahre 2022!

 

Mit meinem damaligen Dringlichkeitsantrag hatte ich diesen skandalösen Vorgang öffentlich gemacht – in der „Lüttjen Lage“ der haz vom 14.12.22 titelte daraufhin der Redakteur Bernd Haase „Ein Schuss in den Ofen“ und forderte umgehende Konsequenzen.

 

Während der mehrmonatigen Vertagung meines Antrages wurde angesichts des zunehmenden öffentlichen Drucks hinter den Kulissen im Ortsrat Krähenwinkel schließlich auch der widerstrebende Ortsbürgermeister dazu gebracht, dass an zukünftigen Nikolausschießen auch Frauen teilnehmen können. Dr. Köhler von der SPD verwies in seinem Redebeitrag explizit noch mal darauf, dass es diesen öffentlichen Druck auch gebraucht habe.

 

Ich habe daher meinen ursprünglichen Antrag auf den ersten Satz verkürzt: „Für den Rat der Stadt Langenhagen ist die Gleichstellung der Geschlechter unverhandelbar“ - wer könnte da schon Nein sagen, dachte ich mir so - und habe sehr deutlich zu diesem ungeheuerlichen Vorgang Stellung bezogen. Das Handeln in einem öffentlichen gewählten Gremium wie einem Ortsrat habe sich an die Vorgaben des Grundgesetzes zu halten, das explizit eine Gleichbehandlung der Geschlechter einfordert. Der Ortsrat sei schließlich keine „Alte-weiße-Männer-Selbsthilfegruppe“.

 

Silke Musfeldt von Bündnis 90/Die Grünen machte deutlich, dass das Grundgesetz für alle gelte und dass es keine Ausnahmen – z.B. für einen Ortsrat – geben dürfe. Darauf müsse mensch auch zukünftig achten. Und dann sprach Jessica Reitzig für die CDU. Mit der Diskussion zur Gleichstellung würde das Ehrenamt angegriffen. Wenn der Ortsrat damals mit Mehrheit eine Regelung beschlossen habe, die Frauen vom Nikolausschießen auszuschließen, sei das „vollkommen in Ordnung“. Der CDU-Ortsbürgermeister würde unfair angegriffen und die Grundgesetzdebatte könne man am Stammtisch führen, nicht im Ortsrat. Ob Frau Reitzig diese von ihr in deutlicher Anspannung ausgesprochenen Sätze jetzt mit einigem Abstand noch mal wiederholen würde? Ich hoffe doch nicht! AfD-Vertreter Borower brummelte undeutlich ins Tischmikrophon, dass wohl für einige im Rat das Grundgesetz nur bei der Geschlechtergerechtigkeit gelte, aber nicht bei der Einschränkung des Autoverkehrs. Und im übrigen „sei er kein Faschist“. Lassen wir das mal so stehen. Abschließend erklärte der CDU-Fraktionsvorsitzende Veltrup, dass die CDU auch dem übrig gebliebenen einen Satz nicht zustimmen werde. Was will er damit ausdrücken? Ist die CDU gegen Gleichstellung oder beleidigt? Mit 10 Gegenstimmen von der CDU und einigen Enthaltungen wurde dann mein Antrag mit deutlicher Mehrheit beschlossen.

 

Und dann gab es im weiteren Verlauf noch eine „liberale Überraschung“. Im Rahmen der Haushaltsberatungen war auf einem Workshop des Rates angesichts der nicht rosigen Haushaltslage vorgeschlagen worden, die Vergnügungssteuer auf 22 % zu erhöhen. Die letzte Erhöhung war 2020 auf unseren Vorschlag hin erfolgt. Und ausgerechnet der FDP-Ratskollege Balk von der Liberalen GRUPPE ging ans Redepult und verteidigte die Steuererhöhung. Bravo! Wenn er jetzt noch über seine Parteikanäle an seinen Parteifreund, den FDP-Bundesminister Lindner, herantritt und ihn überzeugt, dass Deutschland – wie die meisten europäischen Länder – eine Übergewinnsteuer für Firmen einführt, die sich in den letzten Krisenjahren dumm und dämlich verdient haben, wäre das absolute Spitze. Das Geld wäre im Sozialbereich und für effektive Maßnahmen im Klimaschutz sehr gut zu gebrauchen.

 

Naja, Mensch kann ja mal träumen.

 

Als erstes: Liebes Team Finanzen, vielen Dank für Ihre Arbeit, die auch dieses Mal bestimmt nicht leicht war!

 

Als letzte Rednerin zur diesjährigen Haushaltsberatung habe ich den Vorteil, die haushaltspolitischen Vorstellungen der anderen Parteien noch mal unmittelbar gehört zu haben.

 

Überraschungen sind nahezu ausgeblieben, wirklich gute Ideen leider auch. Streichen und Sparen steht wie immer vordergründig im Mittelpunkt, notwendige Infrastrukturmaßnahmen wurden schon weit im Vorfeld gestrichen – gestreckt – verschoben und sind für die Einwohner*innen nicht leicht zu finden und im vorliegenden Haushalt schon gut versteckt.

 

Wie immer wird der angeblich überzogene „Langenhagener Standard“ verteufelt, 


die CDU will bei der Wohnraumförderung einsparen, 


Bündnis 90/DIE GRÜNEN – die sich doch so offensiv für Klimaschutzmaßnahmen ins Zeug werfen - wollen 25 % der städtischen Klimaausgaben für 2023 streichen - wobei der Ansatz, dann auch für die weiteren Jahre Mittel für Klimaschutz einzustellen, natürlich gut und richtig ist, von daher werde ich diesem Antrag - etwas schweren Herzens - zustimmen.

 

...und für einige besonders sparwütige Ratsvertreter hat die Stadt sowieso immer noch viel zu viel Personal, das aus lauter Langeweile immer im Kreis fährt, wie uns Dr. Mommsen heute wieder erzählt hat.

 

Dem diametral gegenüber steht die Überlegung der Grünen auf Einrichtung einer neuen Dezernatsstelle für eine Kämmerin oder einen Kämmerer, die oder der das eigene Gehalt ja locker wieder einspielen würde, durch entsprechende Sparmaßnahmen. Aber diese Sparmaßnahmen gehen auch nicht einfach mal so am Rat vorbei und dafür gibt es nun wirklich keine Garantie. ...ganz abgesehen davon, dass für mehr als 650.000 Euro Rücklagen für die Pensionierung gebildet werden müssten, wie vergangenen Freitag einer Mail der Verwaltung zu entnehmen war.

 

Ich finde, unser Team Finanzen ist gut aufgestellt, daran müssen wir nichts ändern, der Rat beschließt über die Finanzen, nicht die Kämmerei.

 

Einzig wirklich erfreulich ein kleiner Halbsatz im Antrag der SPD „auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten“, den ich natürlich aus vollem Herzen unterstütze.

 

Und auch ich erzähle nicht wirklich Neues, wenn ich erneut auf die unzureichende Unterstützung der Kommunen durch Bund und Länder in den letzten Jahrzehnten verweise, wodurch die Kommunen mehr und mehr in eine finanzielle Notsituation geraten sind. Und davor ist auch die Stadt Langenhagen nicht gefeit. Die Drohung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD, den Kommunen weitere Finanzhilfen für die Aufnahme neuer Geflüchteter zu verweigern, ist da nur die aktuelle Spitze mehrerer Eisberge. Die Forderung der LINKEN (und inzwischen auch von Grünen und SPD) zur Wiedereinführung einer Vermögenssteuer auf Bundesebene – unterstützt von den Gewerkschaften und Sozialverbänden - hat schon langsam einen gaaanz langen Bart. … und auch eine Übergewinnsteuer auf unanständig hohe Gewinne durch Corona, die Energiekrise oder den Ukrainekrieg ist ja letztlich – wen wundert's – an der FDP gescheitert.

 

Wenn immer mal wieder in den Rede-Beiträgen davon gesprochen wurde, dass mensch den nachfolgenden Generationen keine Schuldenlast hinterlassen darf, dann ergänze ich: Die nachfolgenden Generationen haben vor allem eine vernünftige kommunale Infrastruktur verdient, das haben auch heute wieder die Schüler*innen zu Recht in der Einwohnerfragestunde gefordert. Und für den dringend notwendigen Klimaschutz müssen ebenfalls wirksame Maßnahmen zeitnah durchgesetzt werden – und auch die gibt es nicht zum Nulltarif. Wenn wir das versäumen, hinterlassen wir den uns nachfolgenden Generationen ganz andere Lasten.

 

Wie ist das alles einigermaßen unter einen Hut zu bringen?

Während die meisten hier im Rat von einem gewaltigen Ausgabenproblem sprechen, was ich gar nicht verharmlosen will, hörten wir bisher nahezu nichts von der Möglichkeit, die Einnahmen der Kommune deutlich zu erhöhen, um die notwendigen Aufgaben der Zukunft besser und schneller umsetzen zu können.

 

DIE LINKE schlägt daher für den zu verabschiedenden Haushalt 2023 Einnahmeerhöhungen im Bereich der Gewerbesteuer, der Grundsteuer B, einer neuen Bettensteuer für Hotelübernachtungen, finanzwirksame Maßnahmen gegen Fehlbelegung von Wohnraum sowie eine verstärkte Verkehrsüberwachung bezüglich Geschwindigkeits- und Ampelverstößen vor, die neben mehr Schutz für den Fuß- und Radfahrer*innenverkehr auch zusätzliche Einnahmen für die Kommune generiert. Für verbesserte Planbarkeit schlagen wir die Einrichtung eines Doppelhaushaltes ab 2024/25 folgende vor. Damit der Haushalt nicht erst wieder im August - wie dieses Jahr - Gültigkeit erhält.

 

Überschlagsmäßig kommen wir so zu rund 7,5 Mio. € an jährlichen Zusatzeinnahmen.

 

Unter Berücksichtigung, dass die Kommune die meisten Infrastrukturmaßnahmen nicht cash bezahlt, sondern dafür langfristige Kredite aufnimmt, die es leider nicht zinslos gibt, sind geschätzte 7,5 Mio. € Mehreinnahmen pro Jahr schon eine nennenswerte finanzielle Hilfe für die Stadt.

 

Die möglichen Einnahmeverbesserungen haben wir uns nicht einfach ausgedacht, sondern sie schlicht von anderen Kommunen und der Landeshauptstadt Hannover unter Berücksichtigung der jeweiligen Einwohner*innenzahl übernommen.

 

Mit Steuer- und Gebührenerhöhungen macht mensch sich keine Freund*innen und ich höre schon das Aufheulen der Autolobbyist*innen, dass sie sich in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlen und die Klagen, dass etliche Betriebe bei einer Gewerbesteuererhöhung dann Langenhagen verlassen würden. Aber da können wir mit unseren Standortfaktoren doch sehr selbstbewusst auftreten; die gibt es so nicht überall. ...und ich höre auch das Lamentieren der Verteidiger*innen der freien Wirtschaft, dass die Kommune nicht gegen eine Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen dürfe. Nein?? Doch! Wir benötigen auch hier in Langenhagen dringend bezahlbaren Wohnraum.

 

 

Wir selbst hatten zunächst politische Bauchschmerzen bei unserem Vorschlag, auch die Grundsteuer B etwas zu erhöhen, die im Vergleich zu den anderen Umlandkommunen bisher am unteren Ende liegt. Nur zur Erinnerung: Der durchschnittliche Hebesatz für die Grundsteuer in der Region Hannover lag 2022 schon bei über 510, wobei der Höchstsatz locker auf 600 kommt, in Seelze, Laatzen und in Hannover.

 

Eine Grundsteuererhöhung trifft letztlich alle, die in Langenhagen wohnen bzw. ihrem Gewerbe nachgehen. Und damit trifft es leider nicht nur diejenigen, die viel verdienen, sondern auch die, bei denen das nicht der Fall ist. Um eine Vorstellung zu bekommen, um welche Beträge es sich handelt, habe ich einfach mal am Beispiel unserer eigenen Mietwohnung durchgerechnet, welche Mehrbelastungen bei der von uns LINKEN vorgeschlagenen Hebesatzerhöhung bei der Grundsteuer von 480 auf 500 v. Hundert entstehen würden: Die Grundsteuererhöhung für unsere Wohnung würde nach unserem Grundsteuererhöhungsvorschlag um 1,27 €/ Monat steigen. Ich empfinde das für überschaubar.

 

Der Argumentation beispielsweise der Liberalen Gruppe, dass diese Vorschläge doch eher in die Konsolidierungsberatungen gehören würden und nicht hier in die Haushaltsberatungen, kann ich nicht folgen. Wenn wir sie hier und heute nicht verabschieden, sie aber dann in der Konsolidierung einarbeiten, was haben wir dann gewonnen? Nix, im Gegenteil, wir haben Einnahmen verschenkt, im besten Fall „nur“ rund 5 bis 7 Millionen für 2023, im schlechteren Fall deutlich mehr. Ich finde nicht, dass sich die politischen Kräfte hier im Rat hinter der Konsolidierung verstecken sollten. Besser wäre es jetzt und hier dazu zu stehen, dass wir auch den Einwohner*innen und den gewerbesteuerzahlenden Unternehmen von Langenhagen zumuten müssen, sich in angemessenem kleinen Rahmen an der Verbesserung der Infrastruktur zu beteiligen. Das sind Investitionen in die Zukunft, die nicht immer wieder nach hinten verschoben werden dürfen. Daher werde ich diesem Änderungsantrag der Liberalen Gruppe auf keinen Fall zustimmen. Das ist kein Änderungsantrag, sondern ein Beerdigungsantrag.

 

Aber anscheinend ist das gerade „in“, bestimmte Ausgabenfelder jetzt mal in die „geschützte“, weil nicht öffentliche, Konsolidierungsdiskussion zu ziehen, wie auch einem Antrag der SPD zu entnehmen ist, die sich lieber dort mit der Jugendarbeit befassen möchte.

 

Abschließend noch einiges zu den aktuellen Einsparvorschlägen aus den anderen Fraktionen. Einschränkungen im sozialen Bereich, beispielsweise in der Jugendarbeit – siehe Antrag der SPD zur Ablehnung der Erhöhung der Zuwendungen der Johanniter – oder der CDU, die lieber externe Kräfte in die Jugendarbeit einbinden würde, das sind Vorschläge, denen ich nicht folgen kann, denn jeder Cent, der in der Kinder- und Jugendarbeit nicht eingesetzt wird, verursacht Folgekosten, die noch gar nicht abzuschätzen sind.

 

Und deshalb finde ich den Punkt 8 des CDU-Antrages auch gut und richtig, dass die Pumpen und Wasserspielzeuge auf den Spielplätzen in den Sommermonaten auch weiter betrieben werden, für die Kids und so ganz nebenbei auch für Zwei- bis Achtbeiniges, was da so kräucht und fleucht, auch die brauchen Wasser.

 

Stellenstreichungen beim städtischen Personal, das schon an seiner Belastungsgrenze arbeitet, wenn nicht darüber hinaus, werden von uns selbstverständlich nicht unterstützt.

 

Das gilt so natürlich auch für den Antrag der CDU, Stellen im Bereich der Eigenreinigung zu streichen, bzw. mit einem Sperrvermerk zu versehen und eine Arbeitsgruppe zu beauftragen, die Wirksamkeit von Eigenreinigung zu prüfen. Dieser Antrag hat sich bei mir im Hirn sofort verknüpft mit: „... und wenn ich nicht mehr weiter weiß, dann gründ' ich einen Arbeitskreis...“ Meines Erachtens nach verursacht das nur Arbeit und Kosten und hat wenig Nennwert, da dem Antrag ja schon zu entnehmen ist, wohin die Reise gehen soll.

 

Ebenso wenig können wir das Auf-die-lange-Bank-Verschieben von notwendigen Infrastruktur- und Klimamaßnahmen hinnehmen. Eine zeitliche Streckung bei Straßenausbaunahmen oder Parkplatzzupflasterungen können wir uns dagegen gut vorstellen.

 

Und kurz zur Wasserwelt: Der Investitionsplan Bad sieht 200.000 Euro für einen Wohnmobilstellplatz vor ...ohne Grauwasser- und Schwarzwasserentsorgung... Gegenvorschlag: Dann kann die Infrastruktur in Form von E-Säulen für Womos auch ganz weggelassen werden, ein Schild Wohnmobile erlaubt und entsprechend ausgeschilderte Stellplätze im Parkplatzbereich würden erst mal ausreichen. Da entsteht derselbe Effekt wie mit Stromsäulen ohne Entsorgungsmöglichkeit, Grauwasser wird einfach so abgelassen und der Chemietoiletteninhalt landet hinter den Büschen. Wir sind selbst häufig mit dem Camper unterwegs und haben schon oft beobachtet, dass da die Hemmschwelle schnell wegfällt. Fazit: Lieber Grau- und Schwarzwasserentsorgung ohne Strom, als Strom ohne Entsorgungsmöglichkeiten. … und einzäunen muss man Womos auch nicht, die laufen nicht weg.

 

Und auch das Saunaruhehaus und der Splashpark für Kids wären gewiss total sinnvoll, aber erst sind mal andere Sachen dran. Zumal ich dem hingeworfenen „das rechnet sich schon“ nicht wirklich über den Weg traue, ich hab nämlich meine Glaskugel verlegt.

 

Von daher kann ich dem Antrag der SPD erstmal zustimmen, die 200.000 € mit einem Sperrvermerk zu versehen und dann schaun wir mal, ob und wenn ja wofür und wie sie eingesetzt werden sollen.

 

Wenn ich aber so darüber nachdenke, was ich jetzt in den Reden zum Haushalt gehört habe und auch in den Anträgen gelesen habe, macht mir das keinen großen Mut. All das, was wirklich was brächte - zum Beispiel Änderungen bei den Einnahmen jetzt in die Haushaltskonsolidierung zu schieben, zeigt, das die öffentliche Diskussion letztlich gescheut wird. Schade eigentlich.

 

Von daher befürchte ich jetzt erst mal – ohne die Abstimmung schon abschließend zu durchschauen – diesem Haushalt werde ich so nicht zustimmen können.

 

Es hat schon fast Tradition – die Einwohner*innenfragestunde ist schon seit mehreren Ratssitzungen rappelvoll - mal die Feuerwehr, jetzt wieder die IGS im Stadtzentrum mit Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften. Ich fand es sehr toll, dass sich dieses Mal auch jüngere Schüler*innen mit ihren Fragen ans Mikro getraut haben. Regen, der seit der xten Schüler*innengeneration durch undichte Decken tropft, drohender Absturz von Decken- und Fassadenplatten, was zu einzelnen Sperrungen führen musste und nach wie vor große Unsicherheit, wann und wie es mit dem versprochenen Neubau der IGS weitergehen soll; das alles unter dem Eindruck des Baulärms von der Rathausbaustelle gegenüber. Laut Baudezernentin Gifhorn steht die Aussage der Stadt nach wie vor, dass versucht wird, den mit der Schule abgestimmten Architektenentwurf umzusetzen. Dazu werde es im September eine öffentliche Präsentation der Stadt geben. Ich verstehe Kids wie Lehrer*innen sehr gut – es ist wirklich schwer zu verstehen, aber noch schwerer zu vermitteln, warum die noch warten und es gegenüber zügig voran kommt. (… und ja, auch ich habe für den Bau des Rathauses gestimmt und stehe da auch zu)

 

Und dann ging es zum Schwerpunktthema dieser Ratssitzung: Die Beratung und Verabschiedung des Haushaltes 2023. Reichlich spät jetzt erst Ende April, das heißt dann leider auch, dass die notwendige Genehmigung durch die Region Hannover voraussichtlich erst in oder nach den Sommerferien erfolgt. Damit tritt er überhaupt erst in der 2. Jahreshälfte in Kraft. Ein aus meiner Sicht unhaltbarer Zustand.

 

Im Vorfeld der Haushaltsberatungen gab es rund 30 Änderungsanträge, etliche von ihnen kamen buchstäblich in der letzten Minute, was wohl der schwierigen Abstimmung zwischen SPD, Grünen und Liberaler GRUPPE auf den letzten Metern geschuldet war. Eigentlich hatten die doch ausreichend Zeit – oder?

 

Den ersten Aufschlag der nachfolgenden Haushaltsreden machte für die stärkste Fraktion Irina Brunotte: „ Das Defizit von 16 Mio. € im Haushalt erwartet vom Rat die Vorlage entsprechender Prioritäten“. Diesen und weitere Sätze, so die SPD-Ratsfrau, habe die Künstliche Intelligenz (KI) ihr für die Ratssitzung formuliert. Ein cooler Einstieg, der Göttin sei Dank hat sie dann aber doch lieber selber weiter formuliert. Und damit ging es ins Eingemachte. Umschichtungen im Haushalt, Einsparmöglichkeiten nutzen und ggf. auch Einnahmeerhöhungen, wie von DER LINKEN beantragt, prüfen, aber nicht im Haushalt beschließen, sondern in die (meine Anmerkung: nichtöffentlichen) Beratungen zum Haushaltssicherungskonzept verschieben. Die SPD werde den Anträgen der Grünen und der Liberalen GRUPPE zustimmen, die Kürzungsvorschläge der CDU bei der Wohnungsbauförderung aber ablehnen. Und dann folgte eine erfreuliche Aussage: Die SPD werde keinen betriebsbedingten Kündigungen in der Stadtverwaltung zustimmen – na wenigstens etwas. Aber es gab da noch eine Entgleisung von Irina Brunotte, die ich von ihr nicht erwartet hätte. Sie verglich Bürgermeister Heuer mit dem Kapitän des vor 11 Jahren gesunkenen Passagierschiffes Costa Concordia, der beim Sinken des Schiffes mit mehreren Toten als erster das Schiff verlassen hatte. Ein nicht tolerierbarer Vergleich, für den sich die SPD-Ratsfrau dann auch nach Aufforderung entschuldigte.

 

Dominic Veltrup von der CDU stellte zunächst lapidar fest: „ Überschuldung ist Mist“ - doch diese Feststellung allein hilft nicht weiter. Er verwies meiner Meinung nach zu Recht auf die immer klammer werdende finanzielle Situation und forderte von Bund und Ländern ein 100 Milliarden-Programm für die kommunale Infrastruktur – richtig so.

 

Kleine Anmerkung am Rande: Die CDU stellte 16 Jahre die Bundeskanzlerin, da wäre es doch auch mal drin gewesen, die Kommunen besser auszustatten? Denn die jetzige finanzielle Situation kommt für die Kommunen ja nicht von ungefähr – gerade die Untätigkeit der großen Parteien CDU und SPD in den letzten Jahrzehnten bei der Bewahrung und Erneuerung der kommunalen Infrastruktur hat zu dieser Situation geführt.

 

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Veltrup sah aber auch einen Grundfehler bei Rat und Verwaltung. Sie könnten nie Nein sagen. Das seiner Meinung nach überdimensionierte neue Gymnasium wäre dafür ein typisches Beispiel. Einsparmöglichkeiten sah er beim Wohnungsbau, der Jugendförderung in Kaltenweide oder durch eine Privatisierung der bisherigen Eigenreinigung der Schulen. Einen eigenen Kämmerer für die Stadt lehne er aber ab.

 

Wilhelm Zabel von Bündnis 90/Die Grünen nahm den Kapitänsvergleich mit Bürgermeister Heuer wieder auf, mit einem Bild, das das Schiff – die Stadt Langenhagen – in einen Mahlstrom lenke, bis dieses in der Schuldenlast versinke. Er erhoffe sich von der KGST als „neutraler Moderation“ Vorschläge, wie der Haushalt in den Griff zu bekommen sei. Ausdrücklich plädierte Zabel auch für die Einrichtung einer zusätzlichen Dezernent*innenstelle für eine Kämmerin oder einen Kämmerer.

 

Wer Dr. Mommsen bei den Haushaltsberatungen der letzten Jahre erlebt hatte, brauchte sich eigentlich nicht zu wundern. Doch diesmal sprach er für die Liberale GRUPPE und anscheinend teilen damit auch seine Gruppenmitglieder wie z.B. Marion Hasenkamp von der PARTEI seine zum Teil sehr pöbelhaften und unerträglichen Aussagen. Schade! Die Stadt steuere auf 1 Mrd. Schulden zu, er forderte einen Personalabbau von uneffektiven Beschäftigten. Etliche Mitglieder vom Betriebshof würden mit ihren Fahrzeugen nur in der Gegend rumfahren und dann Pause machen. Schüler*innen in der Adolf Reichwein Schule würden durch die schlechte Bausubstanz „misshandelt“ und der Bürgermeister wäre für die Haushaltssituation verantwortlich. Auch Dr. Mommsen erhielt vom Ratsvorsitzenden einen Ordnungsruf.

 

Die AfD, die es auch diesmal wieder zu keinem eigenen Ratsantrag gebracht hatte, sah neben anderen Plattitüden eine Gefahr der Firmenabwanderung bei einer möglichen Gewerbesteueranhebung.

 

Ratsvertreter Eilers von der WAL sah – wie sollte es anders sein - die Schuld für die Haushaltslage ebenfalls einseitig beim Bürgermeister, erinnerte an seine warnenden Worte aus den letzten Haushaltsberatungen und er machte den „Mini-Mommsen“, in dem er zwar keine Kündigungen von Beschäftigten einforderte, aber stattdessen eine Besetzungssperre für alle offenen Stellen. Er unterstütze den Antrag für einen neuen Kämmerer, wodurch der Bürgermeister auch „entmachtet“ werden könne.

 

Als letzte in der Redeliste war ich dann an der Reihe. Mein Betrag ist hier zu finden.

 

Als einzige sprach ich fehlende Einnahmevorschläge an, die DIE LINKE in den letzten Wochen als konkrete Änderungsanträge für die Haushaltsberatungen erarbeitet hatte. Das offensichtlich abgestimmte Vorgehen von Liberaler GRUPPE, Grünen und der SPD, meine Anträge im Haushalt nicht zu berücksichtigen und stattdessen zur unverbindlichen Prüfung in die nichtöffentlichen Beratungen zum Haushaltssicherungskonzept mitzunehmen, kann ich nur als vorsätzliche Beerdigung meiner Haushaltsvorschläge betrachten. Anscheinend trauen sich die genannten Fraktionen nicht, mal ernsthaft darüber öffentlich zu diskutieren. Die Gelegenheit wäre hier gegeben gewesen.

 

Angesichts der zahlreichen Pöbeleien - zum Teil deutlich unter der Gürtellinie - ging merklich angefasst Bürgermeister Heuer ans Redepult. Er stellte klar, dass das mehrfach gewählte Kapitänsbeispiel nicht auf den Bürgermeister zutreffe, sondern auf den Rat. Dieser beschließe über den Haushalt und alle Ausgaben einschließlich Investitionen und nicht alleinig der Bürgermeister als oberster Verwaltungschef.

 

Ich kann dazu nur ergänzen, dass den Ratsmitgliedern ein kurzer Blick in das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz (NKomVG) sofort die Haushaltshoheit des Rates deutlich gemacht hätte – aber in den zahlreichen Fensterreden ist es ja immer fein, wenn dem Bürgermeister die Schuld gegeben werden kann.

 

Sparen ist nicht alles“ - so der Bürgermeister und warnte vor einem „Kaputtsparen“ der kommunalen Infrastruktur. Er forderte auch in seiner Funktion als ein Sprecher der Umlandkommunen in der Region Hannover vom Land einen Pakt mit den Kommunen, um diese aus ihrer finanziellen Not zu befreien. Eine Erhöhung des Finanzausgleichs von Bund und Land sei unabdingbar. Da kann ich ihm nur zustimmen.

 

Bürgermeister Heuer wies auch etliche Nichtwahrheiten aus den vorangegangenen Redebeiträgen aus dem Rat zurück, so das angebliche Erreichen einer Milliardenverschuldung (Dr. Mommsen) oder die von Ratsvertreter Eilers behauptete Pro-Kopf-Verschuldung in Langenhagen von 12.000 € - real seien es 3.000 €. „Ist Langenhagen mehr als Flughafenstadt mit Pferderennbahn“, fragte der Bürgermeister süffisant und plädierte dafür, die gesellschaftliche Struktur in Langenhagen zu stärken, wie es zum Beispiel für einen noch zu gründenden Verein Stadtgesellschaft vorgesehen sei. Die ebenfalls klamme Stadt Burgdorf habe damit gute Erfahrungen für ein besseres Zusammengehörigkeitsgefühl und mehr Aktivitäten von Ehrenamtlichen erreicht. Aber selbst die im Vergleich zum Gesamthaushalt von fast 500 Mio. € vorgesehene Beteiligung von 19.000 € ( = 0,0038% des Haushalts 2023) wurde abgelehnt. Sieht so Engagement für eine sehr notwendige ehrenamtliche Arbeit aus?

 

Und dann ging es in den Abstimmungsmarathon, insbesondere die Anträge von SPD und CDU gingen in die Einzelpunktabstimmung, damit sich jede und jeder rauspicken konnte, was zur eigenen Meinung passte.

 

Die Schaffung einer zusätzlichen Dezernentenstelle habe ich selbstredend abgelehnt. Die bisherige Arbeit des Fachbereichs Finanzen mit der Leiterin Frau Schmidt finde ich voll zufriedenstellend. Wozu brauchen wir zusätzlich noch eine Kämmerin oder einen Kämmerer? Letztlich muss sich doch der Rat an die eigene Nase fassen – wer macht denn die Beschlüsse? Zumindest der Fachbereich Finanzen hat die uns vorliegenden Kosten verursachenden Drucksachen schon lange nicht mehr mitgetragen und dieses auch so gekennzeichnet. Und was macht die Mehrheit glauben, dass es mit einem Finanzdezernat besser würde?

 

Doch mit dieser Meinung konnte ich mich nicht durchsetzen. Im Abstimmungsmarathon zum Haushalt 2023 hat sich eine Mehrheit von SPD, Grünen, Liberaler GRUPPE und Einzelvertreter Eilers für ein weiteres Dezernat in Langenhagen gefunden. Blauäugig glauben sie, eine Kämmerin oder ein Kämmerer wird’s schon richten und das eigene Gehalt incl. der Pensionsrückstellungen – mehr als 600.000 Euro allein für die Rückstellungen – locker wieder einspielen. Für mich fühlt sich das an wie ein verkappter Misstrauensantrag gegen den schon zum 2. Mal demokratisch gewählten Bürgermeister. Ich befürchte, das wird die Stimmung im Rat weiter anheizen, insbesondere wenn es dann um die Auswahl der Kandidat*innen geht. Hoffen wir mal, dass ich irre.

 

Der Haushaltsentwurf wurde mehrheitlich gegen die Stimmen der CDU und meiner verabschiedet. Meine Ablehnung begründet sich hauptsächlich auf die Schaffung eines teuren Finanzdezernats, besetzt mit einer Wahlbeamtin oder einem Wahlbeamten für mindestens 8 Jahre (nach NkomVH und geschätzten Mindestkosten von rund 1,5 Mio. €) und der Verschieberitis von Einnahmeverbesserungen.

 

Kurz danach wurde die Ratssitzung gegen 23 Uhr beendet und die noch nicht behandelten Punkte auf die nächste Ratssitzung am 22. Mai 2023 verschoben. Wie geht es jetzt weiter? Die Stimmung im Rat geht in Richtung unerträglich und die Zukunft verspricht nix Gutes.

IGS Langenhagen: „Jetzt sind wir endlich dran !“, Unterstützung für Ophelia, Drama um Blaumenhof-Kita geht weiter und mit LINKEM Antrag tritt der Rat Langenhagen dem kommunalem Bündnis für lebenswerte Städte bei.

 

Bildeten bei der letzten Ratssitzung im Februar die Feuerwehrleute den überwiegenden Teil der Öffentlichkeit, so waren es diesmal Schüler*innen und Lehrkräfte der IGS Langenhagen. In der Einwohner*innenfragestunde zeigten sie sehr deutlich ihren Unmut darüber, dass mit dem versprochenen Neubau der IGS nicht jetzt nach dem Auszug des Gymnasiums sofort begonnen werde, sondern Verwaltung und Ratsmehrheit versuchten, angesichts der anstehenden Investitionen der Stadt zahlreiche beschlossene Projekte zeitlich zu strecken und im Umfang zurückzufahren.

 

Wir wollen, dass der Siegerentwurf des Planungsprozesses für die neue IGS, an der wir aktiv mitgearbeitet haben, nun unverzüglich umgesetzt wird und wir wollen uns nicht mit Hilfsvarianten abspeisen lassen“, so die Forderung aus den Reihen der IGS Langenhagen. Bürgermeister Heuer sicherte zu, dass die weitere Planungsgrundlage der Stadt weiterhin die Siegervariante sei, es noch einen gemeinsamen Termin im April mit der Schule geben werde, konkretere Pläne aber erst im September vorliegen könnten. Aber der Stadt seien durch die Vorgaben der Kommunalaufsicht teilweise die Hände gebunden.

 

Die Einwohner*innenfragestunde wurde dann ihrem eigentlichen Zweck, sich die Sorgen und Anregungen der Anwohner*innen anzuhören, nicht wirklich gerecht. Ein Großteil der über eine Stunde dauernden Diskussion wurde von den Ratsvertretern okkupiert (nicht gegendert, es waren alles Kerle), was laut Geschäftsordnung so ausufernd wie dieses Mal eigentlich nicht zulässig ist. Insbesondere Dr. Mommsen von der Liberalen GRUPPE und Ratsherr Eilers nutzen die Gelegenheit, hauptsächlich dem Bürgermeister die Schuld für die derzeitige Finanzsituation der Stadt zu geben. Dass Corona und der Ukraine-Krieg, Lieferschwierigkeiten und enorme Kostensteigerungen von Baumaterialien sowie gestiegene Energiepreise zur Explosion der Baukosten geführt haben, wird von diesen Kritikern meist schlicht ignoriert. Bürgermeister Heuer verwies in seinem Statement darauf, dass sich die Situation durchaus etwas entspannen würde, könnten die Einnahmen gesteigert werden. Als die IGS-Vertreter*innen von allen Parteien im Rat ihre Position zum geplanten zügigen IGS-Neubau einforderten, habe ich kurz darauf verwiesen, dass wir als LINKE den Neubau natürlich vollumfänglich unterstützen und ich nahm die Äußerung des Bürgermeisters zum Anlass darauf hinzuweisen, dass wir die Einnahmen der Stadt Langenhagen durchaus steigern könnten und wir auch entsprechende Anträge zu den Haushaltsberatungen einbringen werden. Möglichkeiten derer gibt es viele, über eine Erhöhung der Gewerbesteuer bis hin zur Einführung einer Wettbürosteuer (hat der Rat schon mal abgelehnt) und/oder einer Bettensteuer (wie jüngst in Hannover eingeführt).

 

Das „Ophelia Beratungszentrum für Frauen und Mädchen mit Gewalterfahrung e.V.“ leistet eine unverzichtbare wertvolle Arbeit in der Region Hannover und wurde bisher von der Region Hannover, Langenhagen, Burgwedel, Isernhagen und der Wedemark gemeinsam finanziert. Die drei letztgenannten Kommunen haben für 2023 ihre finanzielle Unterstützung eingestellt, was Ophelia trotz intensiver eigener Spendenakquise in eine finanzielle Notlage gebracht hat. Neben der turnusgemäßen Unterstützung von Ophelia, die im Rat unbestritten war, wollte die Liberale GRUPPE mit einem Ergänzungsantrag Ophelia zusätzlich noch dadurch unterstützen, dass diese die nicht verbrauchten Finanzmittel aus der Corona-Periode nicht zurückzahlen muss. Ein Antrag, den wir (SPD, Liberale GRUPPE und ich) knapp mit 17:16:4 durchsetzen konnten.

 

Dann ging es um das bereits seit 2018 andauernde Finanzdrama um die Kita Blaumenhof. Die Stadtverwaltung hatte damals angesichts der Knappheit von KiTa-Plätzen einen aus heutiger Sicht ausnehmend schlechten Vertrag mit dem Eigner des KiTa-Gebäudes abgeschlossen, das von den Blaumenhof-Kids genutzt wird. Die Situation eskalierte weiter nach dem Tod des Vermieters, als eine inzwischen zerstrittene Erbengemeinschaft an seine Stelle trat und diese noch unverschämtere finanzielle Forderungen an die Stadt stellte. Dabei ist unklar, ob aufgrund des miserablen Vertragsabschlusses seitens der Stadt diese finanziellen Forderungen rechtlich abgewehrt werden können. SPD-Ratsherr Marco Brunotte charakterisierte den damaligen Dreiecksvertrag mit Vermieter und den privaten Blaumenhof-Kids unwidersprochen und korrekt als ein besonders schlechtes Beispiel für städtische Vertragsgestaltung. Die Kommunalaufsicht der Region wurde eingeschaltet, um den Sachverhalt aufzuklären. Dr. Mommsen versuchte in diesem Zusammenhang, dem Bürgermeister persönliche finanzielle Interessen zu unterstellen und teilte mit, dass die Staatsanwaltschaft bereits ermittle. Das konnte vom Bürgermeister so nicht bestätigt werden. Letztlich entschied der Rat mehrheitlich, sich jetzt noch nicht zu entscheiden und zog die Drucksache zur weiteren Beratung zurück.

 

 

Und dann war da noch unser Antrag, sich dem Bündnis von derzeit 560 Kommunen anzuschließen, die von der Bundes- und der Landesregierung einfordern, zukünftig in Eigenregie über mögliche Tempobeschränkungen im gesamten Innenstadtbereich zu entscheiden, was derzeit rechtlich nicht möglich ist. Hier kann mein Redebeitrag nachgelesen werden, in dem ich wie schon vorher im Verkehrsausschuss darauf hingewiesen habe, dass es mit diesem Antrag nicht um Tempo 30 im Innenstadtbereich gehe, sondern nur um eine größere Souveränität der Kommunen im innerörtlichen Verkehrsraum. Doch ich hatte wohl ins Schwarz-Braune getroffen. Maximilian Voigt von der CDU hielt eine Philipika gegen Tempo 30 – Thema verfehlt, würde dem jungen Unionisten wohl noch vor ein paar Jahren seine Lehrkraft unter diesen Beitrag geschrieben haben. Die AfD sah den Einsatz von Feuerwehr und Rettungsdienst gefährdet, wenn im Ort alle Tempo 30 fahren müssten und Ratsvertreter Eilers warnte vor einer „Gängelei der Bürger“ durch „linksgrün“, jetzt bei Tempo 30 und zuvor bei der Geflüchtetenaufnahme, weil DIE LINKE erfolgreich im Rat im September 2020 einen Antrag zum „Sicheren Hafen“ eingebracht hatte (siehe dazu auch Ratssplitter Nr. 42).

 

Die Liberale GRUPPE schickte ihren FDP-Vertreter Röttger nach vorn, der versicherte, dass er gegen Tempo 30 sei, aber dass dieser LINKE Antrag sich zunächst nur für einen größeren Gestaltungsspielraum der Stadt einsetze, was er natürlich befürworte, auch wenn sich die Forderung an seinen Bundesverkehrsminister Wissing richte. Auch die SPD hatte offensichtlich einige Schwierigkeiten mit Tempo 30 in der gesamten Stadt, werde aber dem Antrag für einen größeren Gestaltungsrahmen der Stadt natürlich zustimmen, so SPD Ratsmitglied Gleichmann.

 

Für die Grünen erklärte Wilhelm Zabel, dass sie den Antrag natürlich unterstützen werden und bedankten sich, dass ich ihnen die Arbeit der Einbringung abgenommen hätte. Als einer der letzten Redner (wieder alles nur Kerle) sah abschließend CDU-Fraktionschef Veltrup schon die „Gefahr“ am Horizont auftauchen: eine Zustimmung zum Antrag wäre das Einstiegstor für flächendeckendes Tempo 30 in Langenhagen; daher werde die CDU dagegen stimmen.

 

Und dann war auch noch Bürgermeister Heuer (CDU) dran. Er berichtete, dass aufgrund eines existierenden Lärmaktionsplanes auf Teilen der Walsroder Straße die Stadt die Möglichkeit gehabt hätte und das auch umsetzte, dort für die Nachtzeit Tempo 30 vorzugeben, weil es dort auf beiden Straßenseiten eine Wohnbebauung gäbe. Als jedoch die Wohnbebauung an der Walsroder Straße fortgesetzt wurde, habe die Landesstraßenbaubehörde ihm eine Verlängerung der Tempo 30-Zone untersagt. Da müsse erst ein neuer Lärmaktionsplan in Auftrag gegeben werden. Fazit: Eine Regelung, wie im vorliegenden Antrag vorgesehen, würde auch der Kommune die Möglichkeit geben, den Menschen in diesen neuerrichteten Wohngebäuden an der Walsroder Straße eine bessere Nachtruhe zu gewährleisten. Daher unterstütze er den Antrag.

 

Mit 25:12 Stimmen trat danach der Rat Langenhagen dem Bündnis „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ bei.

 

 

 

Anrede,

 

Wir, die Linken beantragen heute, dass sich die Stadt Langenhagen der bundesweiten Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ anschließt.

 

Lebendige, attraktive Städte brauchen lebenswerte öffentliche Räume. Gerade die Straßen und Plätze mit ihren vielfältigen Funktionen sind das Gesicht und Rückgrat der Städte. Sie prägen Lebensqualität und Urbanität. Sie beeinflussen ganz entscheidend, ob Menschen gerne in ihrer Stadt leben. Ein wesentliches Instrument zum Erreichen dieses Ziels ist ein stadt- und umweltverträgliches Geschwindigkeitsniveau im Kfz-Verkehr - auch auf den Hauptverkehrsstraßen.

 

ABER: Bei der Anordnung von Höchstgeschwindigkeiten sind den Städten und Kommunen viel zu enge Grenzen gesetzt. Die im Juli 2021 von den Städten Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster und Ulm gegründete Initiative setzt sich deshalb gegenüber dem Bund dafür ein, dass die Kommunen selbst darüber entscheiden dürfen, wann und wo welche Geschwindigkeiten angeordnet werden – zielgerichtet, flexibel und ortsbezogen - Genau so, wie es die Menschen vor Ort wissen und brauchen!

 

Als ich diesen Antrag Anfang des Jahres 23 auf den Weg gebracht habe, waren es mehr als 300 Städte, die sich dieser Initiative angeschlossen haben. Seit dem 20.3. sind es nunmehr 560 Städte die diese Forderungen unterstützen und es wäre schön, wenn sich heute Abend der Rat Langenhagen auch dazu entschließt.

 

Wir haben im letzten Verkehrsausschuss über das Thema Tempo 30 ausführlich gesprochen und bei weitem nicht ausschließlich zu meinem Antrag. Viel war vorher schon gesagt worden, als es nämlich um die wirklich brenzlige Verkehrssituation am Neubau des Gymnasiums an der Theo-Heuss-Str. ging. Die Ausschussmitglieder waren sich hier einig: Dort darf nur Tempo 30 gefahren werden.

 

Auf der Ausschusssitzung wurde dann aber von Frau Mecke vom Geschäftsbereich Verkehr und Straßen leider gesagt, dass aus ihrer Sicht ein Tempo 30 dort nichts bringe, weil es doch nicht angenommen würde. Wie schön, dass sich dann in der Verwaltung doch noch mal gewaltig was bewegt hat und schon einige Tage später dort die Tempo 30 Schilder zumindest auf Höhe des Gymnasiums aufgestellt wurden. Dafür ein ganz großes Danke-Schön!

 

Dieses ist nur ein ganz kleines Beispiel, das Umdenken in Sachen Geschwindigkeit angesagt ist. Und erlauben Sie mir einen kleinen Ausflug zur Formulierung "Tempo 30 bringt nichts, weil es nicht angenommen würde". Doch! Das habe ich als Stadt in der Hand, weil diejenigen, die es nicht annehmen, dann doch zumindest Geld in die Stadtkasse spielen könnten.

 

Tempo 30 bringt mehr Lebensqualität für die Bewohner*innen einer Stadt. Weniger straßenverkehrsbedingte Luftschadstoffe wie Stickoxide und Feinstaub, deutlich weniger Lärm und auch weniger Unfälle, allein schon durch die Verringerung des Bremsweges. Hier ist beispielsweise das Umweltbundesamt deutlich und empfiehlt Tempo 30 als innerörtliche Regelgeschwindigkeit.

 

Verehrte Ratskolleg*innen, ich prophezeie mal: Die jetzt meiner Rede folgenden Debatte wird hauptsächlich um den Sinn von Tempo 30 im Stadtgebiet kreisen – daher noch mal mein Hinweis: darum geht es heute eigentlich höchstens am Rande. Heute geht es darum, dass wir – die Kommunen – den BUND auffordern, die Kommune selbst entscheiden zu lassen, wann und wo welche Geschwindigkeit angeordnet wird. Nicht mehr – aber auch nicht weniger. Und wenn wir es dann dürfen, dann ist die Debatte darüber angemessen, wo welche Geschwindigkeiten gut, sinnvoll und ökologisch sind.