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Die vorbereitete Aula im Schulzentrum machte den Eindruck, als warte sie auf nervöse Abiturient*innen, doch sie sollte uns Ratspolitiker*innen einen gewissen Ansteckungsschutz gewähren. Und der Ratsvorsitzende betonte den Ernst der Dinge, als er zur „letzten Ratssitzung“ begrüßte. Ich hoffe doch mal, dass es für keine*n von uns die letzte Ratssitzung wird.

Trotzdem waren nicht alle Ratspolitker*innen der Einladung gefolgt, was durchaus auch nachvollziehbar ist. Ich hatte im Vorfeld der Ratssitzung – ich gebe zu, relativ kurzfristig – einen offenen Brief an Rat und Verwaltung geschrieben. In diesem offenen Brief schwankte ich zwischen Ratssitzung ausfallen oder virtuell stattfinden lassen. Das eine wie das andere hat bekanntermaßen nicht stattgefunden, wir haben uns getroffen und es sollte in einer verkürzten Ratssitzung nur das Wichtigste schnell beschlossen werden.

Das hat die BBL nicht gehindert, einen Dringlichkeitsantrag einzubringen, inhaltlich begründet von Timo Schubert, der seine Einbringung mit dem Satz „und wenn Sie dem zustimmen, dann werden wir die von uns beantragte Aktuelle Stunde zurückziehen“ enden ließ. Eigentlich war ich geneigt, diesem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen, auch weil div. Punkte des Antrages zurückgezogen waren und der Rest durchaus zustimmungsfähig gewesen wäre. Aber bei „Erpressungsversuchen“ werde ich schnell bockig und so versagte ich dieser Dringlichkeit die Zustimmung. Letztlich kam die notwendige 2/3 Mehrheit nicht zustande und wir mussten „die Folgen“ tragen.

Der Dringlichkeitsantrag der Verwaltung zur Gebührenerstattung der KiTa-Gebühren ab Mitte März hingegen wurde angenommen, so dass der Rat darüber beraten und anschließend auch entsprechend beschließen konnte.  Und bevor Herr Eilers jetzt anfängt, einen roten Kopf zu bekommen, weil ich ihn nicht erwähne: Ja, Herr Eilers hat so ziemlich zeitgleich mit der Verwaltung einen ähnlich lautenden Antrag eingebracht und auf der Ratssitzung auch darauf verwiesen. Er hat allerdings gestern vergessen zu erwähnen, uns darauf hinzuweisen, dass sein Antrag mit der Unterstützung des KiTa-Stadtelternrates entstanden ist. Das habe ich erst heute auf Facebook gelernt. (Nachtrag nach einer Facebook-Intervention von Herrn Eilers: Ich hatte den FB-Eintrag mit dem KSER so verstanden, falls ich mich geirrt haben sollte, sorry!)

Gleich nach der Aktuellen Stunde hatte dann die neu zu wählende Stadträtin Eva Bender die Gelegenheit sich vorzustellen. Ihre vorbereitete lange Rede ließ sie aufgrund der besonderen Bedingungen sehr kurz ausfallen. Ich freue mich sehr über die Wahl von Frau Bender, eilt ihr doch der Ruf voraus, offen für eine Kommunikation über alle Parteigrenzen hinweg zu sein. Sie wurde mit 25 Stimmen bei 5 Enthaltungen gewählt. Frau Bender wurde dann in den nächsten Redebeiträgen von Dr. Mommsen gern mal in die Pflicht genommen und darauf hingewiesen, welch schwierige Aufgabe sie hier übernähme, da ja alles so schlecht organisiert sei und überhaupt…

Die noch folgenden Drucksachen wurden höchst knapp beraten, immer begleitet von den üblichen Klageliedern unserer notorischen Pfennigfuchser, die darstellten, dass die Maßnahmen nicht bezahlbar seien bzw. so nicht beschließbar wären, weil nicht ersichtlich sei, welche Kosten auf die Stadt Langenhagen zu kämen.  Dirk Musfeldt von den Grünen verunglimpfte einen Redebeitrag von Wolfgang Kuschel (SPD) als zu emotional und unredlich und Dr. Mommsen machte Wolfgang Kuschel für den Verfall der Schulen in seiner Zeit als Schulleiter verantwortlich. Unglaublich! Diese beiden Beispiele – neben anderen – zeigen, wie blank die Nerven bei einigen doch liegen; das ist kein angemessener Ton in einer Ratssitzung. Trotzdem bekamen die Beschlussdrucksachen immer eine ausreichende Mehrheit, so dass jetzt Schulsanierungen etc. weiter auf den Weg gebracht werden können.

Was mich aber wirklich bewegt sind die Überlegungen, wie wir es schaffen, in diesen verseuchten Zeiten unsere Demokratie weiter leben zu können. Ich halte „reale“ Treffen nicht für sinnvoll, aber gar nicht treffen ist auch keine Option. Virtuelle Treffen per Videokonferenzen kann es derzeit nur im Informellen geben, da sie sonst gegen die Niedersächsische Kommunalverfassung verstoßen. Ich persönlich würde das ja nicht so eng sehen, falls wirklich jemand klagen sollte, wäre es nachträglich auch heilbar, aber ich befürchte, unsere Langenhagener Verwaltung sieht das nicht so. Im Übrigen denkt auch die Landesregierung Niedersachsen gerade darüber nach, wie virtuelle Sitzungen für den Landtag möglich sind. Vielleicht können wir als Kommune dann ja abgucken.

Beruflich habe ich jetzt auf der Bundesebene angestoßen, dass sich das Bundesinnenministerium oder das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik damit mal befassen und eine schriftliche Frage dazu beantworten. Ich befürchte allerdings, dass die Antwort höchst unkreativ mit „geht nicht“ beantwortet wird. Daher habe ich Kontakt zu einem Verfassungsrechtler aufgenommen, den ich ganz gut kenne. Vielleicht fällt uns zusammen eine kreative Lösung für die nächsten Ratssitzungen ein. Hier und anderswo natürlich auch.